Cedric Benjamin
Cedric Benjamin wurde am 24.03.1995 in Bremervörde (Niedersachsen) per Kaiserschnitt
geboren.
Er wog 3750 g und war 54 cm groß.
Als ich ihn nach dem "aufwachen" zum ersten
mal sah dachte : "Mein Gott, der sieht ja aus wie ein Hamster" Woraufhin mein Mann
Jürgen meinte "Hm, für mich sah er aus wie ein Boxer".
Cedric hatte bei seiner Geburt
einen sehr sehr kräftigen Brustkorb, dicke runde Hamsterbäckchen (Wangen), einen großen
Kopf und so gut wie keine Haare (er hatte schon welche, aber die waren so hell, dass man
sie nur aus der Nähe sehen konnte. Er war ein äußerst liebebedürftiges Baby.
Nachts wurden die Kinder ins Säuglingszimmer gebracht und dort hörte ich ihn weinen bis
die Schwester erbarmen zeigte (jaja, das heulen konnte er von Anfang an).
Da es mir trotz
Sectio (es war ja meine zweite) hervorragend ging (an dieser Stelle ein großes Lob an den
Chirurgen) beschloß ich am 3. Tag nach Sectio nach Hause zu gehen. Meine Mutter war bei
uns zu Besuch und wir beiden wurde nach Strich und Faden verwöhnt.
Auch Calandra war
glücklich dass Mama und der "neue Puter Sedick" (ist das nicht süß?) endlich zu Hause
waren. Cedric entwickelte sich langsam aber sicher. Er wollte immer auf dem Arm getragen werden.
Meine Eltern hatten erbarmen mit mir uns schenkten uns ein Tragetuch – so war es doch
einfacher den Haushalt mit dem "Bärchen" auf dem Arm zu erledigen. Cedric lernte erst mit
ca. 5 Monaten zu sitzen und seine Flasche zu halten – und das auch nur weil meine Mutter
ihn samt Flasche im Laufstall "parkte" um das Essen zu machen (wir waren geschäftlich
unterwegs und Mama war aus Frankfurt gekommen um Babysitter zu machen). Nachdem
Cedric eine Weile gebrüllt hatte legte er sich entspannt zurück, nahm die Flasche und trank
sie leer. Kurze Zeit später konnte er schon krabbeln. Sein erstes Ziel war sein Bobbycar.
Und so kam es dass er sein Bobbycar schon lange vor dem Laufenlernen "beherrschte".
Die Kinder spielten ganz toll zusammen. Calandra liebte ihren Bruder über alles und ich hatte
niemals das Gefühl dass sie eifersüchtig auf ihn war, ganz im Gegenteil. Ihre Freude war
riesig, als Cedric endlich mit ca. 14 oder 15 Monaten das Laufen lernte. Von da an ging es
den lieben langen Tag quer über die Möbel – oder die beiden tobten sich in unserem großen
Garten aus. Sie waren zusammen immer fröhlich und echte Chaoten. Die beiden zeigten
uns die Schwachstellen unserer "Behausung". So verbrachten wir Stunden damit diese
Schwachstellen zu sichern. Wir entdeckten sie alle rechtzeitig – bis auf eine .....
Der Unfall
Der 09. April 1997 war der erste sonnige Tag des Jahres.
So Ein Wetter hätten wir gerne zu Ostern letzte Woche gehabt.
Dann hätten wir die Ostereier nicht im Kamin suchen müssen.
Die Kinder waren heute gut gelaunt und wollten nach raus.
Ich zog beide warm an und wir verbrachten den größten Teil des Tages draußen.
Während die beiden um mich herumtobten, den neuen Traktor ausprobierten, den Hänger des Bobbycars
mit Sand füllten (und diesen auf der Terrasse wieder ausleerten) saß ich auf der Terrasse und machte
Bestellungen für unser kleines Geschäft fertig. Gegen 16.00 Uhr wurde es Zeit die Bestellungen
telefonisch durch zu geben. Ich sammelte die Kinder ein und verschloß die Terrassentür.
Cedric hat heute ein neues Wort gelernt : Haus ("Auß”). Und so sauste er dauernd um mich rum und
rief "Mama – bau "Auß” !!! Also bauten wir noch schnell einen Duploturm. Dann sagte ich den beiden
dass ich noch schnell telefonieren muß und danach würden wir Milchholen gehen. Das war bei uns ein
festes Ritual. Jeden Abend gingen wir mit der Milchkanne bewaffnet zum Bauern und holten frische
Milch. Ich sagte den beiden sie könnten die Milchkanne schon mal holen gehen (sie stand bei uns
immer in der Küche). Dann huschte ich schnell zum Telefon. Die beiden liefen los. Kurz darauf
polterten sie ins Büro und platzten mitten in die erste Bestellung. Cedric hatte die Milchkanne
in der Hand und grinste breit: "Mama – Atto (Auto)”, sagte der Krümel. "Wir sind fertig. Komm
schon Mama”, das war Calandra. Da ich noch einen Moment brauchte schickte ich die beiden nebenan
in ihr Zimmer zum spielen. Die Tür fiel ins Schloß und ich hörte wie die beiden anstatt in ihr
Zimmer zu gehen nach unten gingen. Auch nicht schlimm, dann spielen sie halt im Wohnzimmer.
Das Haus war ja zu.
Ich hörte beide unten quicken und lachen und gab gerade meine letzte Bestellung auf als es unten
still wurde. Na bravo – hoffentlich fällt denen nicht wieder irgend so ein Blödsinn ein dachte ich.
Ich beeilte mich mit meiner Bestellung und flitzte sofort nach unten. Als ich ankam sah ich den
Grund für die plötzliche Ruhe. Die schwere Terassentür stand einen kleinen Spalt offen und die
Mini–Monster waren verschwunden. Nun – kein Grund zur Panik. Unser Grundstück war insgesamt 5000 qm
groß und wir hatten die Zäune erst vor 2 Wochen kontrolliert. Durch das Tor konnten sie auch nicht
entfleucht sein, denn diesen Schwachpunkt hat man vom Büro aus im Blick. Also mussten sie irgendwo im Garten stecken.
Ich schnappte mir noch schnell eine Zigarette und ging nach draußen. Kein Laut war zu hören. Das
Feuerzeug klang ungewöhnlich laut. Kein Vogel sang, kein Blatt rauschte. Niemand war zu sehen –
selbst unsere beiden Hunde waren verschollen. Ein ganz mulmiges Gefühl beschlich mich. Ich rannte
ums Haus. – Nichts ! Wo steckten die beiden bloß?
"Calandra”, rief ich ! "Ja”!, tönte es leise zurück. Da schlug mir das Herz endgültig bis zum Hals.
Die Stimme kam vom Nachbargrundstück her. Ich rannte los – unter den Tannen durch zum Zaun. Da sah
ich meine Maus. Splitterfasernackt – aber unversehrt. Gott sei Dank – alles o.k.!!! Wie ist sie da bloß rübergekommen??? " Wo ist Cedi?”, fragte ich sie und suchte die Gegend nach dem Krümel ab. Und
da kam der entsetzlichste Satz den ich in meinem ganzen bisherigen Leben gehört habt.
"Der Cedi ist im Wasser.”
Ich kletterte über den Stacheldrahtzaun und lies meine Augen über den riesigen See schweifen.
Nichts – oder ? Da – auf der gegenüberliegenden Seite trieb ein Wasserball auf der Oberfläche –
von Cedi keine Spur – schlechter Scherz. Ich wollte Calandra schon schimpfen, als mein Gehirn
endlich schaltete – das war KEIN lila Wasserball – das war CEDIS Hose !!! Mein Herz begann zu
rasen. Ich rannte um den See herum. Da sah ich ihn.
Er trieb leblos auf der Wasseroberfläche. Die Hose hatte sich mit Luft gefüllt und hielt ihn an der
Oberfläche. Ich wollte sofort reinspringen – oder schreien – oder telefonieren – oder ..... !!! Ich r
iß mir die schweren Winterkleider vom Leib und watete ins Wasser. Da ich ein sehr schlechter
Schwimmer bin musste ich trotz aller Panik vorsichtig sein. Es ging nur ein paar Schritte seicht
rein, dann fiel der See jäh ab und ich musste schwimmen. Als ich Cedi erreicht hatte wollte ich ihn
umdrehen (er lag mit dem Gesicht nach unten), aber er war zu schwer. So griff ich nach der Jacke und
zog ihn hinter mir her. Anabell, unser West Highland–Terrier versuchte mir zu helfen. Die Bissspuren
in der Jacke zeigten dass sie es wohl schon vor mir allein versucht habe, aber sie war halt nur ein
kleiner Hund. Ich erreichte das Ufer und versuchte Cedi hoch zu heben. Er war so schwer wie ein
Zementsack. Ich musste ihn hochwuchten. Dann kletterte ich selbst an Land, sprang in meine Klamotten
und versuchte ihn zu reanimieren. Nichts geschah – ich brauchte dringend Hilfe, aber das Haus mit
dem See war ein Ferienhaus und stand die meißte Zeit leer. Eine Nachbarin (3 Grundstücke a 5000 qm
weiter) war Kinderkrankenschwester. Da musste ich hin.
Ich hob Cedi hoch – seinen Bauch auf meiner Handfläche damit das Wasser rauslaufen konnte und rannte
los. Cedi war irrsinnig schwer. Leider war die Nachbarin nicht zu Hause. Ein anderer schaute warum
ich so brüllte. Ich wies ihn an den Notarzt zu rufen und gab ihm den Text vor : 2–jähriger Junge –
Ertrunken – Leblos– Adresse... – Wir brauchen einen Hubschrauber mit Beatmungsgerät ! Während der
Nachbar die Rettung rief begann ich wieder mit der Mund–zu–Mund–Beatmung und der Herz–Druck–Massage.
Ich hatte keine Ahnung ob das alles richtig war, aber ich versuchte mein bestes. Die Zeit verrann –
kein Hubschrauber in Sicht. Der Nachbar rief noch einmal den Notruf an und fragte wo der Hubschrauber
denn bliebe. Nichts – und mir ging langsam die Puste aus.
Plötzlich öffnete Cedric kurz die Augen sah mich für einen winzigen Bruchteil an – und dann brach
das Augenlicht. Die Augen wurden leer. Mein Kind war tod. Ich beendete die Reanimationsversuche. Es
war zu spät. Er hatte sich entschieden und ich musste es wohl akzeptieren.
Genau in diesem Moment kam die Rettung. Nein – KEIN Hubschrauben und auch KEIN Rettungswagen. Ein
einfacher Krankenwagen kam des Weges. Ich sagte den Santätern dass sie zu spät seien, das Kind habe
sich entschieden und sie sollten es bitte akzeptieren. Ein Polizist zog mich weg. Sagte ich stünde
unter Schock (ach ne) und wüsste nicht was ich sage. Der Notarzt nahm die Reanimation wieder auf.
Obwohl Cedric nahezu Schockgefrostet war wurden verschiedene Zugänge gelegt und Medikamente i.V.
gespritzt !!!! Eine Beatmung war nur per Ambubeutel möglich, da die KTW über kein Beatmungsgerät
verfügt. Cedric wurde in den KTW gelegt – einen Hubschrauber habe ich NIE gesehen obwohl die nächste
Klinik 25 km weg war und wir mitten auf dem Land wohnten. Im Krankenwagen erwärmten sie Cedric auf
einem WÄRMEBRETT am GESAMTEN Körper so schnell dass er Verbrennungen davon trug. Wir quälten uns
langsam durch den dichten Berufsverkehr. Als wir endlich in der Klinik in Stade (Niedersachsen)
ankamen war die Notschranke geschlossen, kein Notarztteam war
bereit, niemand erwartete uns. Super – so gingen insgesamt gut 1 ½ bis 2 Stunden verloren, bis
Cedric endlich richtig beatmet wurde.
wird fortgesetzt...