Schwalbacher Zeitung, 25.07.2001

Wer hilft dem kleinen Cedric?
Spontane Spaziergänge gibt es für Bettina Reichardt-Kron nicht. Wenn sie mit ihrem Sohn Cedric zum Beispiel in die Eichendorff-Anlage will, muss sie etliche Taschen mit medizinischen Geräten einpacken, den 18 Kilogramm schweren Jungen in seinen Kinderwagen bugsieren und dann darauf hoffen, daß der Aufzug funktioniert, damit sie die 14 Stockwerke nach unten kommt.

Cedric liegt seit vier Jahren im Wachkoma. Er war nicht ganz zwei Jahre alt, als er im April 1997 in den Gartenteich des Nachbarn fiel. Ein zehnminütiges Telefongespräch veränderte das ganze Leben der heute 35 Jahre alten Bettina Reichardt-Kron: Sie war verheiratet, hatten einen kleinen Laden für Rollen- und Science-Fiction-Artikel, wohnte mit ihrem Mann, Cedric und der heute 8-jährigen Calandra in einem Haus mit 5000 Quadratmeter Grundstück in der Nähe von Stade in Niedersachsen.
Weil die Kinder bei einem Telefonat mit einem Lieferanten störten, schickte sie sie aus dem Zimmer. Unbemerkt öffneten die Kleinen die schwere Terassentür, liefen zum großen Gartenteich des Nachbarn. Nach fünf Minuten bemerkte Bettina Reichardt-Kron das Verschwinden der Kinder, suchte erst im haus, dann im Garten und fand ihren Sohn schließlich leblos im Teich auf dem Nachbargrundstück. Der Rettungswagen kam erst nach mehr als 30 Minuten. Zu spät für Cedric, der seitdem im Wachkoma döst. Er liegt in seinem Bett, starrt an die bunten Mobiles darüber, die Beine leicht gekreuzt. Epileptische Anfälle schütteln den kleinen Körper im Zehn-Minuten-Takt. Wenn er gut drauf ist, reagiert Cedric auf das Streicheln der Mutter oder die Küsse seiner Schwester.
Bettina Reichardt-Kron kümmert sich rund um die Uhr um das schwerstbehinderte Kind. Im Winter bleibt sie manchmal wochenlang in der 4-Zimmer-Wohnung im 14ten Stock des einstigen "schwarzen Riesen". Es gibt kaum Pflegekräfte, die sie vertreten können und in der Behandlung von Wachkoma-Kindern geschult sind. Ihr Mann hat die Familie nach dem Unfall verlassen, zahlt gerade einmal das Minimum an Unterhalt.
Daher sucht Bettina Reichardt-Kron jetzt dringend nach einer Erdgeschoß-Wohnung in Sulzbach. Dort leben ihre Eltern und einige Freunde, die ihr gelegentlich helfen. Außerdem braucht sie ein neues Auto. Ideal wäre ein Kleinbus oder Van. Allerdings zahlt die Krankenkasse die teuren Umbauten nur für Autos, die nicht älter als drei Jahre sind. Doch so ein Modell kann sich die alleinerziehende Mutter nicht leisten.
Große Hoffnung setzt Bettina Reichardt-Kron auch in die Delfin-Therapie. Schon einmal schwamm Cedric in Florida in einem Becken mit den Meeressäugern. Und die Mutter hat danach deutliche Fortschritte festgestellt. Doch sie weiß, daß ein zweiter Aufenthalt mindestens 20.000 Mark kostet, die sie nicht hat.
Trotz aller Schwierigkeiten hat sich die Schwalbacherin mit der Situation ihrer kleinen Familie arrangiert. Sie meistert einen Alltag, den sich die meisten noch nicht einmal vorstellen können. Wer ihr und dem kleinen Cedric helfen möchte, kann sich direkt an die Schwalbacher Zeitung wenden, Tel. 06196/848081. Wir leiten Ihre Angebote gerne weiter. MS